Mir selbst Gutes tun – aber was ist denn jetzt *gut* für mich??!

Mir selbst Gutes tun – aber was ist denn jetzt *gut* für mich??!

Wir haben das Thema „Selbstliebe“ bereits aus verschiedenen Richtungen beleuchtet. Ein wichtiger Teil vom liebevollen Umgang mit mir selbst ist es, mir selbst Gutes zu tun. Das zu tun, was ich wirklich möchte, mir das zu geben, was ich brauche.

Dies umzusetzen ist gar nicht so einfach. Wenn es einfach wäre, wären wir alle bereits rundum zufrieden und glücklich. Ein Punkt, der schwierig ist, ist die Frage: Was ist denn jetzt eigentlich *gut* für mich??! Ich habe Lust, den ganzen Tag vor dem Fernseher zu sitzen. Ist das gut? „Olivenöl, Nüsse, Gemüse: Mittelmeer-Diät senkt das Diabetes-Risiko“ (Spiegel Online Überschrift vom 8.1.14). Soll ich also ganz viel Olivenöl und Nüsse essen? Ich fühle mich gut, wenn ich XY mache. Aber mein Mann/meine Mutter/mein Arzt/das goldene Buch der großen Wahrheiten (bitte Zutreffendes ankreuzen) sagt, XY ist schlecht für mich. Was stimmt den nun?

Wie entscheide ich, was *gut* für mich ist?

Im folgenden habe ich ein paar Tipps für den Alltag notiert, damit Sie sich im Dschungel der Informationen, Gefühle und Einflüsse leichter zurecht finden können. Es sind Daumenregeln und natürlich kann man zu jedem Punkt noch sehr viel mehr sagen. Aber das schöne an den Daumenregeln: Beim Ausprobieren bringen Sie sich alles selbst bei, was es dazu noch zu wissen gibt.

– Ich habe Lust. Ist das dann gut für mich?
„Lust“ hat zwei Facetten: Befriedigung eines kurzfristigen Bedürfnisses, meist ohne wirkliche Tiefe – nennen wir das „Ersatzbefriedigung“. Und Befriedigung eines tiefen Wunsches, der mir dauerhaft Freude bringt. Nennen wir dies „Herzenswunsch“. Eine Ersatzbefriedigung hat immer Kosten, d.h. Folgen, die unangenehm sind. Die Erfüllung eines Herzenswunsches vergrößert meine Lebensfreude. Wie kann ich Ersatzbefriedigungen und Herzenswünsche unterscheiden? Indem ich genau hinsehe: Wie fühle ich mich nach dem Tag vor dem Fernseher? Gut und voller Energie? Dann dient es meiner Lebensfreude. Betrachten Sie immer den ganzen Bogen der Empfindungen: Wie fühle ich mich vorher? Währenddessen? Nachher? Dann können Sie leichter entscheiden, ob etwas wirklich *gut* für Sie ist oder nur ein Trostpflaster (was kurzzeitig hilft, das Bedürfnis aber nicht wirklich befriedigt und ev. sogar negative Folgen hat).

– Eine Studie sagt… In diesem tollen Buch steht… der Experte Herr Prof. Dr. Dr. Soundso hat geschrieben…
Solche Informationen bekommen wir in Hülle und Fülle. Was davon stimmt? Vor allem: Was stimmt für mich? Die Versuchung ist groß, sich auf Experten-Informationen zu verlassen. Aber alle Ratschläge, Ergebnisse von Studien, Aussagen von anderen – sie alle treffen immer nur zum Teil auf mich zu. Wir sind alle verschieden. Und niemand kennt mich so gut, wie ich mich selber. Wenn ich mir wirklich Gutes tun will, muss ich üben zu spüren, was ich brauche, was zu mir passt.

Wie – das können Sie nicht? Das glaube ich nicht. Wenn Ihr Vater zu Ihnen kommen würde oder der Heiratsvermittler Ihres Wohnortes (wenn wir so etwas noch hätten) und sagen würde: „Heiraten Sie XY – das ist genau der richtige Partner für Sie.“ Dann wüssten Sie sofort, ob das stimmt oder nicht. Richtig? Oder ein anderes Beispiel: Mein wunderbares Öko-Bio-Hotel hat mir im Urlaub, ohne mit zu fragen, einen Obstsalat mit Buchweizenkörnern an meinen Platz gestellt. Gut für mich? Nee – was mir nicht schmeckt, ist auch nicht gut für mich. Weg mit den tollen gesunden Körnern, ich esse mein Obst lieber ohne alles.

In fast allen Bereichen wissen Sie sofort: Das passt für mich – das nicht. Lassen Sie sich in den restlichen Bereichen nicht verunsichern. Hören Sie sich den Expertenrat an, wenn Sie möchten und dann atmen Sie tief durch und horchen in sich hinein: Passt das für mich? Mit etwas Übung wird die Antwort immer klarer.

– Ich habe Angst vor XY – dann ist XY doch sicher schlecht für mich? Wenn es sich nicht gerade um eine begründetet Furcht handelt (eine Autobahn zu überqueren oder durch einen Tigerkäfig zu spazieren), dann lautet die Antwort: Wenn ich vor etwas Angst habe, dann ist das fast immer ein Hinweis darauf, dass es hier einen Schatz für mich zu heben gibt. Einen tiefen Atemzug nehmen – der Angst ins Auge sehen. Die Angst eine Weile achtsam im Auge behalten und mit Mitgefühl da sein lassen (ev. mit Unterstützung durch einen Coach oder Therapeuten, wenn es eine sehr große Angst ist). Sobald durch das Üben des „Mit-der-Angst-sein-Könnens“ die Hürde nicht mehr so hoch ist: Mut fassen – die Angst konfrontieren – und durchmarschieren. Was hinter der Angst liegt, ist gut für mich.

– Ich habe ein mulmiges Gefühl. Soll ich XY dann lassen? Ein „schlechtes Gefühl“ zu bewerten, erfordert eine Weile Übung mit dem achtsamen Wahrnehmen der eigenen Gefühle. Es kann nämlich beides sein: XY tut mir tatsächlich nicht gut. Oder es gibt eine Blockade, die dafür sorgt, dass ich mich schlecht fühle. Aber wie bei der Angst würde es sich lohnen dabeizubleiben. Ist das mulmige Gefühl eine Sorge? Die können Sie getrost in den Papierkorb werfen. Alle Sorgen sind Muster aus dem Außen und haben mit dem, was gut für Sie ist nichts zu tun. Raubt mir XY Energie? Das heißt fast immer: Finger weg, das tut mir nicht gut, vor allem nicht auf Dauer. Ist XY anstrengend? Dann habe ich mich ziemlich sicher verrannt und ein genaues Hinsehen lohnt sich. Wirklich Gutes tue ich mir fast nie, wenn etwas sehr anstrengend ist und nicht flüssig läuft. Ist XY langweilig? Nervend? Hier hilft nur genaues Hinsehen – immer wieder – damit ich unterscheiden lerne, wann ich es mit einem Widerstand zu tun habe, der aus einer Blockade kommt. Oder um die Tatsache: XY passt nicht mehr zu mir, hier wäre jetzt eher ZZ angesagt.

Und die goldene Regel für alle Situationen: Vertrauen Sie darauf, dass Sie genau wissen, was gut für Sie ist. Wenn Sie immer wieder genau hinsehen – achtsam spüren – und sich bewusst machen, wie Sie sich vorher, während und hinterher von XY fühlen, dann wird es immer leichter zu wählen.

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