Das Leben in die eigene Hand nehmen – Teil 8: Versprechen, Schwüre und andere Arten der Selbst-Hypnose

In dieser Artikelserie (hier finden Sie Teil 1) geht es darum, bewusst Entscheidungen zu treffen und unbewusste Einflüsse aller Art Schritt für Schritt sichtbar zu machen und ihren Einfluss auf das eigene Leben zu reduzieren. In Teil 7 ging es um Werbung und andere Arten der Manipulation. Heute geht es um unbewusste Einflüsse, die ich selber geschaffen habe.

Hier ein klassisches Beispiel

Diese Art von Schwur wird gehört. Wenn ich mir selbst etwas mit dieser Leidenschaft verspreche, dann wird mein Unterbewusstsein sehr aufmerksam. Es ist wie eine Art Befehl, den ich mir selbst erteile und ihn dann sehr tief und sehr fest in meinem Unterbewusstsein verankere.

„Gott ist mein Zeuge, Gott ist mein Zeuge, ich lass mich nicht unterkriegen. Und müsst ich auch stehlen, lügen und sogar töten. Ich schwöre bei Gott. Ich will nie wieder Hunger leiden.“ (Vom Winde verweht)

Ich brauche mich anschließend um nichts mehr kümmern. Mein Unterbewusstsein sorgt dafür, dass mein Schwur umgesetzt wird. Koste es, was es wolle! Es ist eine Art Selbst-Hypnose. Hypnose bedeutet, dass ich mich körperlich in einem entspannten Zustand befinde, geistig aber sehr wach und aufmerksam bin. Es ist ein Trance-Zustand, in dem mein Unterbewusstsein besonders empfänglich für Suggestionen ist – z.B. „Ich bin ganz entspannt“ – „Meine Füße fühlen sich ganz warm an“ – „Eine Zigarette schmeckt scheußlich“. In der Hypno-Therapie hilft mir ein Therapeut, mit Suggestionen Änderungen in meinem Verhalten zu erreichen. Beim autogenen Training – eine Art Selbst-Hypnose – kann ich lernen, autonome Körperfunktionen zu beeinflussen, wie z.B. den Herzschlag.

Selbst-Hypnose ist jedoch etwas ganz alltägliches. Wann immer ich mir selbst einen Befehl erteile und dieser nicht nur aus dem analytischen Teil meines Geistes kommt, sondern mit starken Gefühlen verbunden ist, mit intensiven Bildern oder wenn ich mich in einer Art Trance-Zustand befinde (d.h. entspannt mit einem offenen Unterbewusstsein), dann pflanze ich mir selbst eine Suggestion ein. Schwüre und Versprechen sind ein Beispiel dafür. Sie können sehr oberflächlich gegeben werden. Aber wenn ich mit meinen Gefühlen wirklich dahinterstehe – wenn ich es ernst meine und mein Unterbewusstsein das fühlt – dann erschaffe ich eine Art Verhaltensprogramm, das sehr effektiv wirkt uns sehr langlebig ist.

Grundsätzlich ist die Möglichkeit, mein Unterbewusstsein auf diese Art zu programmieren nichts schlechtes. Die Probleme beginnen dann, wenn sich eine der Suggestionen, ein Schwur oder ein Versprechen überholt. „Ich werde das nie nie nie wieder tun“. Im Moment des Schwörens mag es hilfreich sein. Aber gilt das Geschworene für immer und ewig? Gilt es unter allen Umständen? Durch die Suggestion unterlaufe ich meinen kritischen, analytischen Geist. Ich kann nicht mehr frei entscheiden, weil ich eine unbewusste Handlungstendenz habe. Die arme Scarlett wird ein kleines Problem mit dem Abnehmen haben, sollte sie es irgendwann ernsthaft versuchen wollen. Hungern ist tabu – mein Geist wird sich mir verweigern, wenn ich versuche, gegen die unbewusste Tendenz zu handeln.

„Ich werde Dich nie verlassen“ – „Ich werde niemals wieder versagen“ – „Ich verspreche hoch und heilig, niemals wieder zu lügen“ – „Und wenn ich über Leichen gehen muss, ich werde diesen Job bekommen.“

Viele Versprechen und Schwüre beinhalten natürlich etwas sehr Schönes: Die Vornahme für jemand da zu sein (für immer!), treu zu sein, sich an bestimmte Tugenden zu halten (immer!), einer Gruppe oder Organisation treu zu sein (für immer!) oder sich selbst anzuspornen, um etwas zu erreichen. Was passiert jedoch, wenn sich die Umstände ändern und ich nicht mehr 100% mit meinem ursprünglichen Schwur übereinstimme? Oder ich – weil ich ein Mensch bin – einen „Fehltritt“ tue? „Immer“ ist ziemlich lang und solche absoluten Aussagen wie „nie“ sind in dieser unperfekten Welt fast unmöglich einzuhalten.

Wenn ich mit einem (oft unbewussten) Schwur in Konflikt komme, dann:

  • Wird mein schlechtes Gewissen aktiviert – ich empfinde Schuld und Scham oder
  • Meine Handlungsfreiheit ist eingeschränkt

Ich verliere Energie, meine Lebensfreude und Lebensqualität sinkt und ebenso die Qualität meiner Entscheidungen und Handlungen. Die Grube, die ich mir selbst gegraben habe, erzeugt negative Energie – und diese beeinflusst auch meinen respektvollen und liebevollen Umgang mit genau den Personen, die ich durch den Schwur schützen wollte.

Ein Schwur, ein Versprechen oder andere Suggestionen, die ich mir selber einpflanze, sind jedoch nur solange ein Problem, wie sie unbewusst sind. Wird mir eine unbewusste Handlungstendenz bewusst, kann ich sie mit einer einfachen Wahl und sanftem Atmen entlassen – sofern ich sie nicht mehr haben möchte.

Immer wenn ich merke, dass ich versuche etwas zu tun, aber irgendetwas in mir bremst mich oder blockiert mich, lohnt sich das genaue Hinsehen. Könnte es sein, dass ich eine veraltete Auto-Suggestion mit mir herumtrage? Sobald ich das alte Programm entdeckt habe, bin ich einen großen Schritt weiter. Was nicht funktioniert, ist der Versuch, gegen die Suggestion zu handeln (ohne sie vorher bewusst aufzulösen). Mein Verstand beurteilt dieses alten Programme oft als irrational und versteht nicht, warum sie so stark sind. Mein Verstand denkt, es müsste doch ganz einfach sein: Ich tue was ich möchte, egal was da in meinem Inneren los ist – *ich* entscheide schließlich, richtig? Und dann ist der Verstand frustriert, weil meine rechte Hand etwas anderes tut, als meine linke. Das hat nichts mit Willensschwäche zu tun – ich bin schlicht und einfach sehr geübt darin, mir selbst Suggestionen einzupflanzen.

Um sie loszuwerden muss ich mich auf die Ebene begeben, auf der sie sich befinden: In mein Unterbewusstsein. Mein Verstand hat hier keinen Zugang. Wenn ich mich in eine Art Trance begebe – körperlich entspannt und geistig sehr wach – weit offenes Unterbewusstsein – dann erreiche ich die Suggestion. Das bewusste Atmen stellt genau den richtigen körperlichen und geistigen Zustand her. Bitte versuchen Sie nicht, die ursprüngliche Suggestion mit einer neuen zu beseitigen – sie tragen dann zwei Programme mit sich herum, die im Konflikt liegen. Treffen Sie im achtsamen Zustand die Wahl, dass das ursprüngliche Programm sich lösen darf. Und dann atmen Sie bewusst für einige Minuten und beobachten und spüren, was in Ihnen vor sich geht. Manche alten Programme können Sie rasch lösen, bei anderen brauchen Sie etwas Geduld. Und nicht verzagen: Sobald mir bewusst wird, was da in mir vor sich geht, bin ich bald wieder Herr im eigenen Haus.

Hier geht es weiter zu Teil 9 – Meine „Natur“ – oder die Art, wie mein Gehirn gestrickt ist.

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