Gewohnheiten ändern – Schritt 1 der Lösung: Regelmäßiges genaues Hinsehen
Kennen Sie das: Sie möchten etwas an sich ändern und es will partout nicht klappen? Sie haben sich fest vorgenommen – endlich die Fotos ins Album zu kleben, mit dem Rauchen aufzuhören und sich nicht mehr aufzuregen, wenn Sie morgens in die Zeitung sehen (das bringt ja eh nichts).
Aber irgendetwas hält sie immer wieder ab, die Vornahme umzusetzen.
Im Artikel „Gewohnheiten ändern – warum ist das so schwer?“ haben wir mit diesem Thema begonnen. Im Fogenden geht es jetzt um Schritt 1 der Lösung:
Regelmäßiges genaues Hinsehen
Ich bin nicht eine einzelne, monolithische Persönlichkeit, sondern viele (oder eine Persönlichkeit mit vielen Facetten). Ich bin weniger ein Fels – sondern mehr wie ein Wald. Oder vielleicht: Weniger wie ein einsamer Wolf – mehr wie ein Rudel. Manche Rudel sind harmonisch und effektiv. Manche sind zerstritten oder haben einen schwachen Anführer oder einen, dem Klarheit, Selbstvertrauen oder Integrität fehlt.
Wer führt bei Ihnen? Ihr Selbst (nennen wir es einmal so), das in sich ruht, gelassen ist, Überblick hat, mit sich im Reinen ist? Oder eine Ihrer Facetten (Anteile, Aspekte), die durch erlebte schlechte Erfahrungen kein optimaler Anführer ist?
Jeder von uns wechselt ständig hin- und her- zwischen dem effektiven Anführer (dem in sich ruhenden Selbst, das Zugriff auf alle Ressourcen hat) und einem Rudelmitglied, das auf die eine oder andere Art und Weise ein Handicap mit sich herumträgt (ein verletzter Anteil meiner Selbst).
Wenn mir das Bewusstsein dafür fehlt, wundere ich mich, warum manchmal alles so leicht geht – und zu anderen Zeiten vieles schief läuft, ich keine Lösung sehe und ich in einer Gewohnheit stecke, die ich scheinbar nicht verändern kann.
Jede Gewohnheit ist eine Facette von mir. Ist es eine ungeliebte Gewohnheit, ist es eine Facette mit Handicap. Die Facette – die Gewohnheit – zu ändern ist schwer. Jedes Rudelmitglied hat seine Aufgabe – selbst die verletzten, selbst die Mitglieder, die von allen anderen verachtet werden. Wenn Sie versuchen, das ungeliebte Rudelmitglied loszuwerden, verschlimmern Sie das Problem. Ein Teil von Ihnen weiß: Ich brauche diesen Teil.
Der rationale Teil von uns versteht nicht warum. Also kämpft er gegen die ungeliebte Gewohnheit an. Ein Teil von Ihnen kämpft gegen einen anderen an. Dadurch haben Sie nicht nur das ursprüngliche Problem – das, was die Gewohnheit verursacht hat, die Verletzung oder das unangenehme Erlebnis – sondern auch eine Blockade. Versuchen Sie mal, mit Ihrer rechten Hand die linke wegzuschieben, wenn diese linke gleichzeitig versucht, die rechte wegzuschieben. Was Sie dabei spüren, ist der innere Kampf zwischen zwei Anteilen Ihrer selbst.
Das ist der Grund, warum ich ungeliebte Gewohnheiten so schwer ändern kann: Ich kämpfe gegen mich selbst. Alles, was ich damit erreiche ist, mich selbst zu blockieren.
Der Weg hinaus? Regelmäßiges genaues Hinsehen. Das ungeliebte Rudelmitglied hat eine Aufgabe. Wenn ich anfange, das zu verstehen – dann ist Änderung möglich. Vorher nicht.
Wie mache ich das? Immer wenn ich die ungeliebte Gewohnheit bemerke, werde ich aufmerksam: Was spüre ich in mir? Was habe ich vorher gespürt? Was hat die Gewohnheit ausgelöst? Was spüre ich hinterher (wenn ich ihr nachgegeben habe – oder wenn ich mich dagegen gewehrt habe)? Nehmen Sie sich Zeit – viel Zeit – um sich selbst zu beobachten. Ein Tagebuch zu führen kann helfen. Und sehr wichtig dabei: Verurteilen Sie sich nicht. Sehen Sie sich selbst zu, als würden Sie eine Ferseh-Reportage beobachten. Aha – interessant. So ist das.
Probieren Sie es aus. Wenn Sie diese Übung mit zumindest einer Gewohnheit lange genug durchführen, werden Sie anfangen, etwas Neues zu verstehen. Und damit wird der Umgang mit allen Ihren ungeliebten Gewohnheiten leichter.
Nächste Woche finden Sie im Blog: Schritt 2 – Eine annehmende Haltung mir selbst gegenüber.
Tags:Achtsamkeitsübung, Handlungsfreiheit, Tipps
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